Management ohne Kontrollzwang

Zwang ist doch nicht schön. Wie wäre es, den einfach loszulassen?

Das geht auch im Management. Denn wenn wir dem Kontrollzwang adé sagen, brauchen wir auch keine Angst mehr vor Planabweichungen zu haben. Angst ist ohnehin ein schlechter Ratgeber – gerade in unübersichtlichen, turbulenten, geradezu chaotischen Situationen.

Nicht alles im Management ist planbar. Für viele Situationen gibt es gar keinen Plan. Oder der Plan ist bereits zu Beginn seiner Ausführung Makulatur. Planen ist gut, um auf wiederkehrende uns erwartbare Vorkommnisse vorbereitet zu sein. Das systemisches Management-Modell (Abb. rechts) zeigt, dass Management in Wirklichkeit gar keine primäre Planungs- und Überwachungsarbeit ist. Was im klassischen Management-Modell (Abb. links) ein „Überwachen“ impliziert, ist in der Praxis vielmehr ein achtsames Beobachten als ein direktives Kontrollieren.

Management im Plan und außerhalb

Wer praktisch managt, hat es mit der permanenten Bewältigung von Dilemmata zu tun. Glücklicherweise sind wir Menschen meistens in der Lage, diese Dilemmata ohne Wimpernzucken zu bewältigen. Für die weniger häufigen Fälle, die sicher jedem von uns schon einmal wiederfahren sind, lohnt es sich, einige dieser Dilemmata ins Bewusstsein zu holen:

Wie kann ich als Manager die großen Ziele im Blick haben, wenn mich ständig das kleinteilige Alltagsgeschäft einholt und wenigstens nach einer Delegation ruft? Wie kann ich in der Hektik mit klarem Blick vorausdenken? Wie treffe ich die richtigen Entscheidungen, wenn ich gar nicht vor Ort sein kann, um zu hören wie die Musik „da unten/vorne“ spielt? Wie kann ich Ordnung in die Arbeit meiner Leute bringen, wenn ich selbst von so vielen unvorhersehbaren Dingen überrascht werde? Wie strahle ich Selbstsicherheit gegenüber meinen Leuten aus, wenn ich selbst nicht weiß was morgen kommt? Wie kann ich entschlossen Handeln, wenn sich die Umstände seit der Entscheidung geändert haben? Wie kann ich Veränderung managen und gleichzeitig die von allen Stakeholdern geforderte Kontinuität wahren?*

Meistens liegt das situativ richtige für uns auf der Hand und wir entscheiden intuitiv, ohne anschließend einen Gedanken der Reflexion zu verschwenden. Nur wenn es einmal schwieriger wird, schaltet sich der Kopf ein. Dann wird klar, dass wir es als Manager bei der Bewältigung dieser Dilemmata mit prinzipiell unentscheidbaren Fragen zu tun haben – also Fragen, die nicht rational errechnet oder abgeleitet werden können, sondern Fragen, die allein wir selbst zu entscheiden haben. Und auch wenn Manager diese Fragen aussitzen und eine Entscheidung aufschieben, dann haben sie eine Entscheidung getroffen – feilich keine heroische Manager-Entscheidung.

Wenn eine Entscheidung im Management-Dilemmata ansteht, kann kein Manager nach Außen schauen: Berater konsultieren, Datenquellen anzapfen, Checklisten durchgehen. Hier ist einzig der Blick nach Innen gefragt: beim mentalen Gleichgewicht. Balance. Die Praxis des Managements ist vielmehr vergleichbar mit dem Surfen an einer Welle als mit dem Lenken eines Fahrrades mit einer starren Verbindung zwischen Lenker und Rad.

Steuerungsmodelle: Fahrrad vs Surfen

*Dilemmata des Managens in Anlehnung an Henry Mintzberg

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